Nein, muss er nicht. Warum auch? Vermutlich wirst du auch nicht von deinem Kind erwarten, dass es auf jeden hört. Es gibt Eltern, die aus Sicherheitsgründen ihren Kindern explizit beibringen, nicht auf fremde Menschen zu hören. Und es gibt Hundehalter, die mit ihrem Schützling genauso vorgehen.
Und auf die Familienmitglieder?
Aber er kann doch auf die Familienmitglieder hören, oder? Ja, das kann er, aber dann muss sich jeder als würdig und fähig erweisen, den Hund zu führen. Psychologisch, nicht physisch. Du kennst das und hast es wahrscheinlich auch schon erlebt: In einer Familie hören nicht alle Geschwister aufeinander. Das kommt nicht vor. Normalerweise hören nur die Jüngeren auf die Älteren, nicht umgekehrt. Und du würdest nicht einmal auf die Idee kommen, das zu ändern, denn das würde die Ordnung in der Familie stören und zu Chaos und Verwirrung führen. Stell dir vor, dein zehnjähriger Sohn müsste auf deine vierjährige Tochter hören und tun, was sie sagt. Das ist unrealistisch. Warum denkst du also, dass dein Hund auf alle Familienmitglieder hören sollte? Nur weil er ein Hund ist? Ja, er ist ein Hund! Und deshalb wird er nicht auf jeden gleich gut hören. Ich habe genug Fälle gesehen, in denen der Hund einige Familienmitglieder einfach ignoriert hat.
In letzter Zeit häuft sich bei uns auf dem Pfoten-Pfad der Wunsch, dem Hund zu einem freien Leben zu verhelfen: Er soll seine eigene Persönlichkeit ausleben. Er soll kein Soldat sein, aber trotzdem auf das erste Kommando die Anweisungen der Menschen befolgen. Dies ist natürlich ein eklatanter Widerspruch, denn hier werden dem Hund Vorstellungen übergestülpt, die er nicht erfüllen kann, sosehr er sich auch abmüht.
Meine Hunde folgen mir.
Meine Hunde sind mir gegenüber loyal. Ich kann sie ohne Leine durch ihr Leben führen. Sie befolgen meine Anweisungen, weil sie mich respektieren. Von Anfang an haben sie erfahren, dass es gut für sie ist und ihnen Sicherheit gibt, wenn sie mich respektieren. Wenn jemand anderes versucht, ihnen Befehle zu geben, führen sie die Anweisungen vielleicht aus, wenn es ihnen passt und sie nichts Besseres zu tun haben. Und sie müssen das sichere Gefühl haben, dass diese Person es nicht böse mit ihnen meint. Aber niemand hätte eine Chance, meine Hunde dazu zu bringen, sich entgegen meinen Anweisungen zu verhalten. Wenn sie sich zum Beispiel auf meine Aufforderung hin hinsetzen, wirst du sie nicht aus dem „Sitz“ herausholen können. Und das bedeutet nicht nur Sicherheit für mich, sondern vor allem für meine Hunde. Deshalb müssen sie auch nicht auf jeden hören – nicht einmal in meiner eigenen Familie.
Fazit: Nein, Hunde müssen nicht auf jeden hören. Aber sie dürfen es, wenn du es wünschst.
Dieser und viele weitere Texte findest du zusammengefasst in diesem Buch: 50 Mythen und Weisheiten aus der Hundeszene.
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